Die grössten Herausforderungen für die BFI-Landschaft bis 2035

10 juillet 2025
depuis Myriam Dunn Cavelty
#Bildungspolitik #Forschungspolitik #Innovationspolitik #allemand

Myriam Dunn Cavelty benennt die drei grössten Herausforderungen aus ihrer Perspektive – in einem Beitrag zum 60-Jahre-Jubiläum des SWR.

Globale Umbrüche, technologische Disruptionen und gesellschaftliche Spannungen fordern alte Strukturen und Denkweisen heraus und benötigen neue Antworten. Drei zentrale Herausforderungen zeichnen sich ab – sie alle stehen im Zeichen der digitalen Transformation.

1. Digitale Transformation und Künstliche Intelligenz gestalten

Die rasante Entwicklung Künstlicher Intelligenz in den letzten Jahren verändert Wissensproduktion, Lehre und Arbeitswelt grundlegend. Die BFI-Landschaft steht vor der Aufgabe, digitale Kompetenzen systematisch zu fördern – ohne kritisches Denken, ethisches Urteilsvermögen und soziale Verantwortung zu vernachlässigen. Wir müssen Curricula und didaktische Formate neu denken, um Studierende auf eine Welt vorzubereiten, in der algorithmische Systeme mitentscheiden. Gefragt ist nicht nur technisches Know-how, sondern ein tiefes Verständnis für die gesellschaftlichen, rechtlichen und ethischen Implikationen neuer Technologien.

2. Innovationsökosysteme neu denken

Wissen wird zur strategischen Ressource in einer zunehmend fragmentierten Welt. Die Schweiz muss wissenschaftliche Offenheit mit dem Schutz sensibler Bereiche wie KI, Biotechnologie oder Quantenforschung austarieren. Unter dem Stichwort „Knowledge Security“ gilt es, internationale Zusammenarbeit abzusichern und gleichzeitig zentrale Kompetenzen im Land zu halten. Datenethik, geistiges Eigentum und Systemresilienz gewinnen an Bedeutung. Bildungs- und Forschungseinrichtungen müssen ihre Strukturen anpassen: Innovationszyklen verkürzen sich, neue Akteure betreten die Bühne, Grenzen zwischen Bildung, Forschung und Wirtschaft verschwimmen. Die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren muss strategischer, agiler und transdisziplinärer werden. Gefragt sind flexible Institutionen, strategische Allianzen und vernetzte Innovationsökosysteme mit dynamischer Governance.

3. Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern

Der digitale Raum verändert die politische Kommunikation. Desinformation, algorithmische Aufmerksamkeitsökonomien und digitale Polarisierung gefährden den gesellschaftlichen Diskurs. Auch das Vertrauen in wissenschaftliche Expertise steht unter Druck – befeuert durch Unsicherheit, Überinformation und gezielte Manipulation. Die BFI-Landschaft ist gefordert, nicht nur technologische Antworten zu liefern, sondern zur gesellschaftlichen Orientierung beizutragen: durch Förderung digitaler Medienkompetenz, Schutz unabhängiger Forschung und neue Formen partizipativer Wissenschaft und demokratischer Teilhabe. Gerade junge Generationen, die unter ökologischem, ökonomischem und sozialem Druck stehen, brauchen Zukunftsperspektiven und Mitsprache. Fairness, Teilhabe und gezielte Förderung benachteiligter Gruppen sind essenziell, um eine digitale Spaltung zu verhindern. Demokratie muss sich nicht nur behaupten, sondern weiterentwickeln – in einer Zeit, in der technologische Veränderungen tief in gesellschaftliche Strukturen eingreifen.

Myriam Dunn Cavelty ist stv. Leiterin des Center for Security Studies der ETH Zürich.